Rede von Jürgen Schwab, Kirchenmusiker und Eisenbahn-Autodidakt, auf der 158. Montagsdemo am 28.1.2013
Der Mythos der Modernität von Stuttgart 21
Großprojekte müssen nicht aus dem Ruder laufen! Ein Blick über den Zaun.
Gestattet mir, meine Rede mit einem Traum zu beginnen, der mir vor kurzem einen Blick aus der Vergangenheit in die Zukunft ermöglichte. In Stuttgart demonstrierten Hunderttausende gegen ein Bahnprojekt. Heiner Geißler wurde als Schlichter eingesetzt. Züge und Kosten entgleisten, Genehmigungen wurden nicht erteilt, das Bahnhofsdach wurde instabil, ehemals sichere CDU-Machtbastionen in Stadt und Land geschleift. Die Volkspartei SPD sinkt langsam aber sicher auf gutes FDP-Niveau, die FDP versinkt sogar in völliger Bedeutungslosigkeit. Stuttgart 21 endet im Chaos, jeder gibt dem anderen die Schuld. Mittlerweile sind alle Stuttgart-21-Betreiber verstorben und sitzen bei Petrus an der Himmelspforte. Besonders Claus Schmiedel, aber auch etliche Politiker der Partei mit dem „C“ im Namen wie Oettinger, Mappus und andere Stuttgart-21-Befürworter beschweren sich lautstark, dass kein Wink des Himmels sie vor der Katastrophe S21 gewarnt hat. Daraufhin schickt Petrus die lamentierende Truppe zu Gott, der ihnen gnädig eine Audienz gewährt. Lautstark ereifert sich Claus Schmiedel: „Ich habe immer den Leuten erzählt, dass Gottes Segen auf dem Projekt ruht! Warum hast Du uns nicht zu Lebzeiten ein Zeichen geschickt, dass dem nicht so ist?“ Ruhig antwortet Gott: „Mich erinnerte Euer Treiben fatal an den Turmbau zu Babel. Daher habe ich Widerstand in die Herzen Eurer Wähler gesät. Ich habe Experten berufen, die Eure falschen Behauptungen widerlegt haben. Ich habe, wie einst in Babylon, Zwietracht zwischen Euch Befürwortern gesät. Als das alles nichts genutzt hatte, griff ich zu drastischeren Maßnahmen. Züge ließ ich entgleisen, natürlich ohne dass es Todesopfer gab, schließlich schickte ich des Nachts, um niemanden zu Schaden kommen zu lassen, drei Güterwaggons wie von Geisterhand mit hohem Tempo von Kornwestheim in Richtung Stuttgart, um Euch zu zeigen, dass man einen Bahnhof nicht im Gefälle baut. Keines meiner deutlichen Zeichen habt Ihr verstockten Aufschneider verstanden, was hätte ich weiter tun sollen?“
Aber auch ein ganz irdischer Blick zu unseren europäischen Nachbarn zeigt, dass aus dem Ruder laufende Großprojekte kein gottgegebenes Schicksal sind. Drei Beispiele für entsprechende Tunnelprojekte mögen genügen.
1. Durchmesserlinie Zürich (Schweiz)
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